Der Schwaaner Taler

Im Januar 2021 versuchte der Schwaaner Kulturförderverein e. V. ein wichtiges Stück Stadt- und Regionalgeschichte der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Bei einer Auktion wurde ein Taler aus der Münzstätte Schwaan angeboten. Leider wurde trotz großzügiger Spenden und zahlreicher Unterstützer der notwendige Betrag nicht erreicht.

Im Folgenden stellt Hans-Jürgen Bramow die Geschichte des Schwaaner Talers und die Besonderheit der Münzprägung in Schwaan dar. Dieser Artikel erschien außerdem in der Januarausgabe der Münzen Revue im Gietl-Verlag.

Die Blaue Mauritius der mecklenburgischen Talerprägung

1. Einleitung

Das bedeutende deutsche Münzauktionshaus Künker, mit Hauptsitz in Osnabrück, führte am 28.01.2021, anlässlich seines 50-jährigen Bestehens, eine Jubiläumsauktion durch. Die Auktion 346 des traditionsreichen Hauses beinhaltete zahlreiche ausgewählte Raritäten von hohem Rang.

Darunter auch einige Münzen aus den Teilherzogtümern Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Güstrow. Zur  Überraschung aller Mecklenburg-Sammler wurde unter der Los-Nr.  234 ein äußerst seltener, 1693 in der Münzstätte Schwaan geprägter Taler, des Herzogtums Mecklenburg-Güstrow, angeboten. Die herzogliche Münzstätte Schwaan existierte nur vom 10. Mai 1692 bis zum 10 Oktober 1693und kann daher zu Recht als eine Episode innerhalb der mecklenburgischen Münzprägung bezeichnet werden. Alle dort geprägten Münzen gelten deshalb als sehr selten, die Taler aber sind von äußerster Seltenheit. Der im Katalog 346 des Auktionshauses Künker abgebildete Taler der Münzstätte Schwaan ist das einzige nach 1945 im Handel angebotene Stück. Das Auftauchen dieses Talers ist als eine numismatische Sensation zu betrachten, da alle bisher bekannten Stücke als verschollen galten. Die Münze ist daher eine einzigartige Rarität und ein Zeugnis der Münzprägung aus der Zeit des Herzogs Gustav Adolph zu Mecklenburg-Güstrow (1633-1695). Man kann sie aus diesem Grund durchaus als „Blaue Mauritius der mecklenburgischen Talerprägung“  bezeichnen – ein für Mecklenburg wichtiges Stück Kulturgut. Unter der Schirmherrschaft des Kulturfördervereins Schwaan e.V. und mit Unterstützung der Ostseesparkasse Rostock bildete sich, eine Interessengemeinschaft um dieses bedeutende Stück mecklenburgischer Münzgeschichte zu erwerben und der Öffentlichkeit zugänglich machen zu können, Dieses Ziel konnte leider nicht erreicht werden, da das mit einem Ausrufpreis von 8000 € angesetzte Stück mit einem Zuschlagspreis von 40.000 € an einen unbekannten Privatsammler ging. Der Taler hat damit den höchsten jemals in einer Auktion erreichten Preis für eine mecklenburgische Münze erzielt. Die rege Beteiligung von Bietern und die Höhe des Zuschlages zeugen von der hohen Wertschätzung dieses Stückes in Kreisen der Numismatiker. 

Schwaaner Taler
Schwaaner Taler

2. Historischer Hintergrund

2.1  Nachweis einer Münzstätte in Schwaan

Die Existenz einer Münzstätte in Schwaan galt über einen langen Zeitraum mangels schriftlicher Nachweise als nicht gesichert. Dass Herzog Gustav Adolph zu Mecklenburg-Güstrow in Schwaan Münzen ließ, blieb daher nur eine Vermutung, die in Fachkreisen angezweifelt oder ignoriert wurde.

In lokalen Beiträgen zur Heimatgeschichte und alten Erzählungen wurde oft erwähnt, dass im ehemaligen herzoglichen Schloss Schwaan angeblich Münzen geprägt worden sein sollten. Im Besitz historisch interessierter Bürger befanden sogar einige  Kleinmünzen, die sie  als Beleg für die Existenz einer Münzstätte in Schwaan betrachteten. Da es aber weder in der Literatur noch in derzeit zugänglichen Aktenbeständen Hinweise darauf gab, blieb alles nur eine Annahme.

Selbst der in Münzangelegenheiten Mecklenburgs versierte Geheime Archivrat  Carl Friedrich Evers hatte zwar gerüchteweise davon gehört, konnte aber keinen Nachweis über deren Existenz erbringen. In seiner 1798 herausgegebenen „Mecklenburgischen Münzverfassung“,  schreibt er dazu folgendes:

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In der Literatur und in Katalogen der Folgezeit, wurden daher alle in Schwaan geprägten Münzen entweder der Münzstätte Güstrow oder der in Rostock zugewiesen. Im Jahre 1985 veröffentlichte Dr. Michael Kunzel in der Reihe „Numismatische Hefte“; Nr. 27, des Kulturbundes der DDR,  einen Beitrag „Zur Geschichte der herzoglich-mecklenburgischen Münzstätte in Schwaan“. Darin heißt es: „1841 wurden den Schweriner Münzakten aus der alten Kammerregistratur einige Aktenkonvolute angegliedert. In ihnen waren die Archivalien zur Münzstätte Schwaan enthalten.“ Mit der Auswertung dieser Aktenbestände konnte er nun erstmals die Existenz der Münzstätte zweifelsfrei nachweisen.  Im Wesentlichen blieb die Wirkung des Beitrages jedoch auf 

das Gebiet der DDR beschränkt. Erst mit seinem 1994, im Rahmen der Berliner Numismatischen Forschungen; Bd. 2, erschienenen Kompendium „Das Münzwesen Mecklenburgs von 1492-1872“, wurde diese Tatsache breiteren, numismatisch interessierten Kreisen, bekannt. Seitdem sind diese Münzen sowohl in der Fachliteratur als auch in Auktionskatalogen mit ihrer korrekten Herkunft verzeichnet.

2.2 Beweggründe zur Errichtung einer neuen Münzstätte

Die Überschwemmung des Landes Mecklenburg-Güstrow mit minderwertigen Münzen eigener Prägung und dem Zufluss minderwertiger Münzen aus dem Ausland führte in den 1680iger Jahren dazu, dass die Akzeptanz in der Bevölkerung in diese Geldsorten (Pfennige, Kupferdreier, Witten, Sechser) erheblich gesunken war. Da diese Münzen weder im Binnenhandel noch im Ausland akzeptiert wurden, kam es zu Unruhen und erheblichen wirtschaftlichen Verwerfungen. Desgleichen gab es seitens des Herzogs Verbindlichkeiten, für die eine Begleichung in höherwertigen Geldsorten vertraglich vereinbart war. 

Die Entscheidung zur Errichtung einer neuen  Münzstätte wurde daher wahrscheinlich  aus der o.g.  monetären Notlage heraus mit dem Ziel getroffen, dem massiven Vertrauensschwund in die Mecklenburg-Güstrower  Münzen, zu begegnen. 

2.3 Wahl des Standortes

Unter dem Einfluss des umtriebigen Münzunternehmers Wagner und des güstrower Regierungspräsidenten Haltermann, plante Herzog Gustav Adolph zu Mecklenburg-Güstrow (1633-1695)  1692, auf dem Gelände seines Schlosses in Schwaan eine herzogliche Münzstätte zu errichten. Für den Standort Schwaan sprach vor allem die geografische Lage. Es lag in unmittelbarer Nähe zu Güstrow und auf halbem Wege zwischen Rostock und Güstrow desweiteren war der Herzog häufig vor Ort. Es bestand zudem die Möglichkeit, die Münzstätte in den seit Jahren wenig genutzten Nebengebäuden des Schlosses unterzubringen. 

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Historisches Wappen Stadt Schwaan
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Lage des ehemaligen Schlosses
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„Das Schwaaner Schloss im 17. Jh.“ Uni-Bibliothek Rostock;  Mss. Meckl. A 182

Da man die Kosten der Errichtung einer Münzstätte dem Bewerber für das Amt des Münzmeisters vertraglich zu übertragen gedachte, war das Unternehmen für die herzogliche Seite eine relativ kostengünstige Angelegenheit. In der Münzstätte in Schwaan war ausschließlich die Prägung von Silbermünzen vorgesehen.

2.4 Auswahl des Münzmeisters

Regierungspräsident Haltermann war der Schwager des erfahrenen Stralsunder Münzmeisters Heinrich Johann Hille und hatte bereits zweimal (1662 und1670) versucht, diesen vertraglich in die Münzprägung Mecklenburg-Güstrows einzubeziehen. In beiden Fällen scheiterte Hille jedoch an seinen, gegenüber der Konkurrenz ungünstigeren Vertragsbedingungen. Im Mai 1692 begannen erneut Vertragsverhandlungen zwischen der güstrower Regierung und Hille zwecks Prägung neuer Münzen und es kam diesmal zu einer Vereinbarung. Im Falle eines akzeptablen Angebotes, wurde ihm die Stelle als Münzmeister der neu zu errichtenden Münzstätte in Aussicht gestellt. Am 10. Mai 1692 war es dann so weit. Der Vertrag wurde unterzeichnet und Hille erhielt vom Herzog seine Bestallung als Münzmeister. Dazu wurden Gebäude auf dem Areal des damaligen herzoglichen Schlosses Schwaan bereitgestellt. Die für die Münzstätte erforderlichen Einrichtungen und Geräte sowie das Fachpersonal hatte, wie vertraglich vereinbart, Hille zu stellen.

2.4 Umsetzung des Vertrages

Laut Vertrag war  die Prägung einer relativ großen Anzahl von Schillingen (504 000 Stück) sowie 1/24 – und 1/12-Taler vorgesehen. Doch es kam anders und  so musste Hille 1692 auf Befehl des Herzogs ausschließlich 1/24-, 1/12– und 1/6-Taler prägen, was seinen Gewinn erheblich verringerte. Im Jahre1693 sollten ausschließlich 1/12-Taler geprägt werden. Auf einen  Befehl Haltermanns musste Hille außerdem, entgegen den vertraglichen Vereinbarungen,  3000 Stück neue Reichstaler prägen. Reichstaler oder Speziestaler sind schwere Silbermünzen, die nach dem alten 9-Taler-Münzfuß geprägt wurden. Dieser legte fest, dass aus einer feinen Kölschen Mark Silber (ca. 234,0 g), 9 Taler mit einem Feingewicht von 25,98 g und einem Rauhgewicht von 29,23 g zu prägen waren. Daraus ergibt sich ein Feingehalt von ca.888 / 1000. Die herzogliche Rentkammer sah sich jedoch außer Stande, die dafür erforderliche Silbermenge zur Verfügung zu stellen. Das Silber ließ Hille daher in eigener Regie von jüdischen Händlern aus Hamburg beschaffen. Die von der Rentkammer bewilligte Menge war aber so knapp bemessen, dass sie für die Erfüllung des Auftrages nicht ausreichte. Er musste daher noch 22 RT nebst Aufgeld von 3 ½ RT dazugeben. Außerdem benötigte er für die Talerprägung fünf Prägeeisen, die kaum für 80 Taler zu haben waren, berechnete nur 26 RT. Nach Abschluss der für ihn äußerst verlustreichen Talerprägung, wurde der Prägebetrieb eingestellt und die Münzstätte am 03. Oktober 1693 geschlossen.

3. Überlegungen zu Verwendung und Verbleib der Taler

Dass in der Münzstätte Schwaan tatsächlich schwere Reichstaler geprägt wurden beweist ein weiterer  Befehl Haltermanns von Anfang August 1693. In diesem wird Hille angewiesen, die 3000 Reichstaler schnell zu verfertigen und das Schwaaner Geld  (incl. der 1693 geprägten 1/12-Taler) eiligst nach Lübeck zu versenden. Über den Zweck der Prägung von schweren Reichstalern und  deren Verbleib, ist aus der numismatischen Literatur nichts bekannt. Solche Stücke wurden zu der Zeit nur vom Kaiser oder in begrenzter Zahl zu Repräsentationszwecken von den Reichsfürsten geprägt. Wenn angesichts der stets leeren Kassen des Herzogtums Mecklenburg-Güstrow, die Prägung derart hochwertiger Münzen veranlasst wurde, dann muss es dafür einen gewichtigen Grund gegeben haben.

Dieser könnte in der kurzfristigen Aufnahme von konkreten Verhandlungen zu einem, seit 1692 verfolgten, Eheprojekt zwischen dem herzoglichen Haus von Mecklenburg-Güstrow und dem königlichen Haus von Dänemark und Norwegen bestanden haben. Der dänische Kronprinz Frederik  bereiste zu dieser Zeit die protestantischen deutschen Lande um nach einer geeigneten Ehekandidatin Ausschau zu halten. Herzog Gustav Adolph stellte dem Kronprinzen drei seiner Töchter als mögliche Kandidatinnen vor. Nachdem dieser sich Ende Juli 1693 für die Prinzessin Luise entschieden hatte, mussten nun eiligst konkrete Schritte erfolgen, die das Zustandekommen einer Eheverbindung der Prinzessin mit dem dänischen Thronfolger rechtlich absicherten. Die nachfolgenden Verhandlungen in Rendsburg und Kopenhagen zogen sich von 1693 bis 1695 hin und mündeten in der am 05.12.1695 in Kopenhagen geschlossenen Ehe zwischen Luise und dem dänischen Kronprinzen. Die Annahme, dass die in Schwaan eilig geprägten und schnell nach Lübeck gesandten Taler dem Zweck der Repräsentation und / oder der „Beförderung“ des Eheprojektes gedient haben könnten, ist daher nicht unrealistisch. Wenn diese Münzen zu einem Teil als Handgeld (damalige Bezeichnung für Bestechungsgeld) für einflussreiche / verdienstvolle Personen ausgereicht wurde, könnte das eine Erklärung dafür sein, dass nur wenige dieser Stücke in die neuere Zeit überkommen sind. Es dürfte dann davon auszugehen sein, dass ein erheblicher Teil dieser, den betreffenden Personenkreis kompromittierenden Taler, umgetauscht oder eingeschmolzen wurde. Gestützt wird diese Annahme durch die Tatsache, dass  derartige Stücke schon in relativ früher Zeit als Rarität galten. Bedingt durch diese Umstände und spätere Kriegsfolgen, sind Schwaaner Taler heute von äußerster Seltenheit.

4. Status  

4.1 Anzahl bekannter Taler

Vor 1945 war in Sammlerkreisen noch die Existenz von dreien dieser Taler bekannt. Davon befand sich einer im Bestand des Staatlichen Museums Schwerin  und zwei weitere in unbekannten Privatsammlungen. Das Exemplar aus dem Bestand des Staatlichen Museums Schwerin ging 1945 kriegsbedingt verloren (Siehe Kriegsverlustliste Nr. 155  /  Inventar – Nr.531!). Da dieses Exemplar fotografisch nicht erfasst ist, wurde für die Kriegsverlustliste die einzig verfügbare Abbildung eines Schwaaner Talers aus dem Katalog Nr. 9, F. Schlessinger; Sammlung Gaettens (Los 721); Berlin 1931, verwendet. Das Stück der Sammlung Gaettens ging damals in eine unbekannte Privatsammlung. Ein weiterer Taler befand sich in der 1901 bei Adolf Hess, Frankfurt a. M., versteigerten Sammlung des  Geheimen Archivrates Dr. von  Bülow- Stettin (Los 2469). Es ist bekannt, dass dieser von einem Sammler namens Grimm ersteigert wurde. Über den Verbleib der beiden Taler, die sich in unbekanntem Privatbesitz befanden, gibt es leider keine Informationen, so dass diese bis heute als verschollen gelten. Zwei weitere Exemplare sind in literarischen Quellen erwähnt aber derzeit nicht mehr nachweisbar (z.B.: Evers 1 T. 2; S. 273, Nr.4). Auf die Möglichkeit, dass sich eventuell ein weiteres Exemplar in der Mecklenburg-Sammlung des ehemaligen Bankhauses Ahlmann, Kiel, befinden könnte, machte Dr. Michael Kunzel aufmerksam. Er konnte aber nicht mit Sicherheit sagen, ob diese Sammlung heute noch existiert. Er wies darauf hin, dass in den 1930er Jahren die ehemals fürstlichen Münzsammlungen der Großherzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz im Landesmünzkabinett des damaligen Landesmuseums Schwerin zusammengeführt wurden. Dadurch und den Ankauf weiterer Sammlungsbestände entstanden Dubletten, die möglicherweise an andere Sammlungen abgegeben wurden. Nachforschungen haben ergeben, dass die Mecklenburg-Sammlung des Bankhauses Ahlmann noch existiert und sich heute im Bestand der 

Deutschen Bank, Filiale Kiel, befindet. Die Sammlung gilt heute als geschlossen, steht unter Denkmalschutz und ist  somit der Öffentlichkeit nicht zugänglich. Sie darf weder als Ganzes noch in Teilen veräußert werden. In dieser Sammlung befindet sich ein unter der Nr. 280 aufgeführter Schwaaner Taler in vorzüglicher Erhaltung, bezeichnet als „Dublette aus dem Münzkabinett Schwerin“. Dieses, in Sammlerkreisen bisher nicht bekannte Exemplar, kann nun Dank der freundlichen Unterstützung durch die Deutsche Bank, Filiale Kiel,  ebenfalls der Öffentlichkeit vorgestellt und in nachfolgende Betrachtungen einbezogen werden. Durch das Auftauchen eines Schwaaner Talers in der Künker-Auktion 346 und das erfreuliche Ergebnis der Nachforschungen bei der Deutschen Bank; Filiale Kiel, haben sich deutliche Veränderungen ergeben. Zusammen mit dem Exemplar der Künker-Auktion, liegt nun mit den zur Verfügung gestellten Fotos, die dritte Abbildung eines Schwaaner Talers vor. Der neu gewonnene  Kenntnisstand  auf diesem Gebiet soll hier nachfolgend dargestellt und betrachtet werden.

Zusammenfassung Kenntnisstand Schwaaner Taler:

lfd. Nr.Standort / NachweisErhaltungAbbildungStatus
1Staatliches Museum SchwerinStgl.keineverschollen
2Sammlung GaettensStgl.Fotos Av. / Rev.verschollen
3Sammlung v. Bülowsge (ss/fvz)keineverschollen
4Sammlung Bankhaus Ahlmannss (vz)Fotos Av. / Rev.existent
5Auktion 346, Künker / PrivatsammlungfvzFotos Av. / Rev.existent

4.2  Betrachtungen zur Provenienz 

War bisher nur die Abbildung eines Stückes bekannt, so ist jetzt mit den neuen Informationen, ein deutlich höherer Kenntnisstand erreicht. Es liegen heute drei Abbildungen von Schwaaner Talern vor und erstmals nach 1945 ist die reale Existenz von zwei Stücken zweifelsfrei belegt.

Die Abbildungen des bei Künker angebotenen Talers  (5) zeigen eindeutig, dass es sich nicht um das Exemplar der Sammlung Gaettens (2) handelt. Es liegt hier mit der zweiten bekannten Abbildung eines derartigen Talers auch eine modifizierte Variante des Münzbildes im Avers vor. Da sowohl für das Stück aus dem Staatlichen Museum Schwerin (1) als auch für das aus der Sammlung v. Bülow (3) keine Abbildungen vorliegen, erweist sich eine zweifelsfreie Zuordnung dieses Exemplars jedoch als schwierig. Einzig die Angaben zum Erhaltungsgrad der Münzen in Auktionskatalogen und in der Kriegsverlustliste des Staatlichen Museums Schwerin, bieten einen vagen Anhaltspunkt. Da jedoch seit kurzem auch von der Nr. 4 Abbildungen zur Verfügung stehen, kann es sich bei der Nr. 5 nur um die bisher ebenfalls als verschollen geltende Nr. 3 oder ein bisher nicht bekanntes Exemplar handeln. Gestützt wird diese Annahme durch die Tatsache, dass beide Münzen in Katalogen und Inventarlisten mit einem annähernd gleichen Erhaltungsgrad angegeben werden. Es könnten hierfür  aber auch die beiden in der Literatur in erwähnten, bisher aber nicht genauer bestimmten, Exemplare in Betracht kommen.

Abbildung von Talern der Münzstätte Schwaan                                                             

Nr. 2 Sammlung Gaettes Schlessinger, Auktion 9; 1931 Los 721
Nr. 4 Sammlung  Deutsche Bank, Kiel ex. Bankhaus Ahlmann, Kiel Reg.-Nr.: 280
Schwaaner Taler
Nr. 5 Auktionshaus Künker Auktion 346 Los 234

5. Vergleich  der Abbildungen

Bisher gab es nur eine bekannte Abbildung eines Schwaaner Talers (Slg. Gaettens 2). Angaben zu weiteren Exemplaren stammten aus Beschreibungen in der historischen Fachliteratur (Evers), aus Katalogen des Münzhandels und der Kriegsverlustliste des Staatlichen Museums Schwerin. Von allen dort aufgeführten Stücken lagen keine Abbildungen vor. Erst durch das Auftauchen der beiden oben gezeigten real existierenden Münzen (4 und 5),  hat sich die Situation grundlegend geändert. Das Vorliegen fotografischer Abbildungen sowohl vom Avers als auch vom Revers dreier Schwaaner Taler, ermöglicht erstmals einen direkten Vergleich. Der Erhaltungsgrad der Münzen ist naturgemäß sehr unterschiedlich zu bewerten. Während die Nr. 2  eine fast perfekte Erhaltung zeigt, weist die Nr. 5 im Revers einen geringfügigen Abrieb auf. Die Nr. 4 ist dagegen von erheblichen, umlaufbedingten Gebrauchsspuren gekennzeichnet. Betrachtet man zunächst die Umschriften, so können weder im Avers noch im Revers signifikante Abweichungen festgestellt werden. Bei einem Vergleich der  Avers, fällt auf, dass alle ein stilistisch leicht verändertes Portrait aufweisen. Ähnlich geringe Abweichungen sind bei der Gestaltung der Revers zu erkennen. 

Bei der Anordnung der Umschrift und der Ausarbeitung der Details sind bei der Nr. 4 und 5 deutliche typologische Gemeinsamkeiten zu erkennen. Die leichten Unterschiede in der Ausführung des Münzbildes sind auf die Verwendung mehrerer Prägestempel zurückzuführen. Da sich mit den damaligen Härteverfahren nur eine begrenzte Standfestigkeit des Stempelmaterials erreichen ließ, mussten ständig neue Stempel geschnitten werden. So geht aus der 1985 seitens Dr. Michael Kunzel, erfolgten Auswertung von Aktenkonvoluten der  Schweriner Münzakten aus der alten Kammerregistratur  hervor, dass Münzmeister Johann Heinrich Hille für die Prägung der Taler 5 Prägeeisen benötigte.  Aus dieser Information kann  nicht geschlossen  werden, ob es sich dabei um komplette Stempelpaare oder einzelne Ober- und Unterstempel handelt. Oberstempel unterlagen naturgemäß einem höheren Verschleiß als die Unterstempel, da sie der zum Prägen erforderlichen Kraft direkt ausgesetzt sind. Es bestand deshalb immer ein höherer Bedarf an Oberstempeln. Durch Verwendung eines neuen Stempelpaares oder Kopplung eines alten Unterstempels mit einem neuen Oberstempel, entstanden so fortlaufend neue Varianten mit leicht abweichenden Münzbildern.

6.  Fazit

Die herzogliche Münzstätte Schwaan bestand nur vom 10. Mai 1692 bis zum 03. Oktober 1693 und kann daher zu Recht als eine Episode innerhalb der mecklenburgischen Münzprägung bezeichnet werden. Alle dort geprägten Münzen gelten deshalb als sehr selten, die Taler aber sind von äußerster Seltenheit.

Sie sind als Zeugnis mecklenburgischer Münzprägung ein wichtiges Stück Kulturgut. Die Tatsache, dass nun von drei Schwaaner Talern Abbildungen vorliegen und erstmals seit 1945 zwei real existierende Exemplare nachgewiesen werden konnten, ist sehr erfreulich. Galten doch bisher alle vor 1945 bekannten Stücke als verschollen. Das Auftauchen der beiden Taler lässt jedoch darauf hoffen, dass auf diesem Gebiet künftig noch mit einigen Überraschungen zu rechnen ist. Da es in Mecklenburg keinen Schwaaner Taler in einer öffentlichen Sammlung gibt, ist es sinnvoll und wichtig, die durch Kriegsverlust entstandene Lücke wieder zu schließen. Es wäre daher wünschenswert, dass das Land Mecklenburg-Vorpommern bei Auftauchen eines weiteren Exemplars die Initiative ergreift, um ein derart wichtiges Stück mecklenburgischen Kulturgutes zu erwerben und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

H.-Jürgen Bramow                                                            Stand: 15.06.2021